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31. August

Bringing Human Rights Back In - Workshop der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Vor dem Hintergrund einer wahrgenommenen fundamentalen Krise der globalen Menschenrechtsagenda lud die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart vom 31.08. bis 01.09.2020
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31.08.2020

Bringing Human Rights Back In - Workshop der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Vor dem Hintergrund einer wahrgenommenen fundamentalen Krise der globalen Menschenrechtsagenda lud die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart vom 31.08. bis 01.09.2020 Vertreter*innen aus Wissenschaft, Kommunen, zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Institutionen sowie Medien zu einem Austausch in Weingarten darüber ein, wie Menschenrechte in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen (wieder) gestärkt werden können.
Die Grundstimmung hat sich seit den 2000er Jahren verändert, Menschenrechte sind in die Defensive geraten, stellte Prof. Dr. Dr. h. c. Heiner Bielefeldt in seinem Einführungsvortrag fest. So war der Austritt der USA aus dem UN-Menschenrechtsrat 2018 in den Medien nur noch eine Randnotiz wert, und der einmal so hoch gehaltene Grundsatz "Responsibility to protect" verschwand im Laufe der letzten Dekade sang- und klanglos aus dem Wortschatz der internationalen Gemeinschaft.

Dabei bieten nicht nur die zwei hoch aktuellen Bereiche Migration und Flucht sowie Umwelt- und Klimaschutz Anlass, sich auf die Menschenrechte und deren Universalität und Unteilbarkeit zu besinnen. Die Hartnäckigkeit vieler Problemstellungen zeigt aber auch, dass Menschenrechte und ihre Institutionen keine Selbstläufer sind und von politischem Willen und einer engagierten Zivilgesellschaft abhängen sowie die Umverteilung von Ressourcen und Macht erfordern. Zum Beispiel spricht die UN-Menschenrechtskonvention zwar jedem Menschen das Recht zu, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen, regelt aber nicht den Zugang zu diesem Recht. Die tragische Folge dieser Leerstelle spielt sich tagtäglich im Mittelmeer ab.

Umwelt- und Klimaschutzrechte finden zwar historisch bedingt in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung wenig explizite Beachtung - Anknüpfpunkte, um entsprechende Rechte abzuleiten jedoch sehr wohl. Wie eng diese Bereiche zusammenhängen und auch wie mobilisierend neue Allianzen von Umwelt- und Menschenrechtsakteur*innen sein können, zeigt sich aktuell etwa in der Initiative Lieferkettengesetz, einem Bündnis aus über 100 Organisationen, das die Einführung einer Gesetzgebung erkämpft, die Unternehmen zu menschenrechtlichen und umweltbezogenen Standards im In- und Ausland verpflichtet.

In Zeiten zunehmender nationaler Alleingänge und neuer Konjunkturen von Ungleichwertigkeitsideologien können Menschenrechte ein Bezugsrahmen für grenzüberschreitendes, nachhaltiges Denken und Handeln sein und die vielfältigen Zusammenhänge scheinbar ganz unterschiedlicher Problemstellungen in Erinnerung rufen. Sie über die formal-normative Ebene hinaus mit Leben zu füllen und die Lücken und teils kontroversen Auslegungen der Menschenrechte demokratisch auszuhandeln, bleibt dabei die größere Herausforderung.


Die Freudenberg Stiftung unterstützte den Workshop im Rahmen ihrer Netzwerk- und thematischen Entwicklungsarbeit.